Toleranzfestival mit Theater-Vorpremiere am 31. Mai

"Ich, Zarah" von Franzobel: Die Filmdiva und ihr Gewissen am Drauschiff

"Ich, Zarah" beim Toleranzfestival in Villach (Credit: patrick connor klopf)
"Ich, Zarah" beim Toleranzfestival in Villach (Credit: patrick connor klopf)(Alle hier veröffentlichten Pressefotos stehen zum honorarfreien Abdruck zur Verfügung.)Download

Wien/Villach – Sie war eine Ikone, Opportunistin und Mitläuferin. Wenige Künstlerinnen waren derart ambivalent wie die schwedische NS-Filmschauspielerin Zarah Leander. Mit dem Theaterstück "Ich, Zarah oder das wilde Fleisch der letzten Diva", eine Produktion der neuebuehnevillachhttp://neuebuehnevillach.at , wirft der österreichische Autor Franzobel einen kritischen Blick auf ihre brüchige Biografie und fragt nach Schuld, Verantwortung und Selbstzweifeln. Unter der Regie von Christine Wipplinger feiert das Stück am 31. Mai um 19:30 Uhr bei den Europäischen Toleranzgesprächen während einer Schifffahrt entlang der Drau in Villach seine Gala-Premiere. http://fresach.org

"Das Stück wirft elementare Fragen auf, die nur das eigene Gewissen beantworten kann", erklärt Regisseurin Wipplinger. "Gibt es die reine Kunst unabhängig vom politischen Umfeld, in dem ein Künstler lebt und arbeitet? Ist es verwerflich, sich für seinen eigenen Erfolg mit den Mächtigen zu arrangieren, oder muss ich mich dafür interessieren, was rund um mich herum passiert? All das sind Fragen, die nicht nur die Künstlerin betreffen, sondern uns alle", sagt Wipplinger.

Personifiziertes Gewissen

Trotz des bedeutungsschweren Hintergrunds des Stücks kommt die Unterhaltung nicht zu kurz. Dafür sorgt nicht nur die außergewöhnliche Spielstätte mit ihrem sommerlichen Schifffahrtsambiente, sondern auch das Drehbuch. Franzobel schickt Lazarus Modriach, einen Menschen aus dem Hier und Jetzt in die Vergangenheit. Der Zeitreisende verkörpert Leanders personifiziertes Gewissen und warnt sie vor den zukünftigen Gräueln und all den verbrecherischen Machenschaften rund die Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten. Doch er findet kein Gehör. Leander, ein Abbild des Regimes, sonnt sich in Ruhm und Glanz. Sie ignoriert und verharmlost die Geschehnisse, die sich außerhalb ihrer Künstlerblase abspielen.

Wir schreiben das Jahr 1977. Der Krieg ist längst vorbei und Zarah Leander lebt - vom Alkohol gezeichnet - zurückgezogen in Schweden. Nie hat sie sich entschuldigt oder Worte des Bedauerns verloren. Lazarus besucht sie gemeinsam mit Marlene Dietrich und Heinz Rühmann. Sie ist verängstigt und unsicher. Doch Lazarus gelingt es, sie zu überreden und noch einmal auf die Bretter zu kommen, die für sie die Welt bedeuten. Es spielen Andrea Pörtsch, Helmuth Häusler, Clemens Matzka und Isabella Weitz als Zarah Leander. Am Piano begleitet von Ambroz Roth, Dramaturg ist Martin Dueller.

"Die Zukunft der Freiheit"

Mit diesem Stück leistet Franzobel einen Beitrag zur Entmystifizierung und Korrektur des kollektiven Gedächtnisses. Durch die Augen von Lazarus Modriach kann das Publikum die schwedische Diva und ihre Logik auch an den heutigen Maßstäben messen, anstatt sie einzig und allein in der damaligen Zeit zu begreifen.

Lazarus warnt die Diva vor der Zukunft, doch ohne Erfolg. Angesichts der beunruhigenden Entwicklungen in Europa und der Welt wagen auch die Europäischen Toleranzgespräche im Rahmen ihrer dritten Auflage den Blick in eine ungewisse Zukunft. Unter dem Titel "Die Zukunft der Freiheit. Europas Zivilgesellschaft und die Folgen der Globalisierung" diskutieren Vertreter aus Wissenschaft, Kultur, Politik und Wirtschaft vom 30. Mai und 3. Juni in Villach und Fresach über die drängenden Themen unserer Zeit.

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