Buchautor warnt vor fehlgeleiteten Investoreninteressen
Hans-Jürgen Jakobs sieht dennoch Chancen im globalen Handel
Wien/München – Geht es nach den Reichen und Mächtigen dieser Welt, ist Europa ein lohnendes Ziel. So kaufen sich international agierende Investoren derzeit in europäische Unternehmen ein, übernehmen überlebenswichtige Versorgungseinrichtungen und Infrastruktur und sichern sich die besten Filetstücke der Industrie, ja bestimmen sogar die Preise von Handelsgütern und Dienstleistungen. Hans-Jürgen Jakobs, Bestseller-Autor von "Wem gehört die Welt: Die Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus" warnt im Gespräch mit pressetext vor den Risiken dieses Ausverkaufs.
Nicht die Supermächte, sondern Konzerne und deren Investoren seien die wahre Bedrohung für Europa, wettert Jakobs. Ein paar wenige Oligopolkonzerne könnten auf den globalen Märkten Konditionen bestimmen, Preise festlegen und Arbeits- und Marktbedingungen diktieren. Die Bürger Europas wüssten über die wahren Machtverhältnisse kaum Bescheid. Doch die Entwicklung betrifft uns alle, da geht es um Steuern und Einkommen. Nur wenn Politik und Bürger gut informiert seien, könnten die richtigen Entscheidungen getroffen werden.
[b]Internet-Giganten in die Schranken weisen[/b]
Konzerne wie Google, Facebook und Amazon haben Jakobs zufolge derzeit im Internet weitgehend freie Hand. Nur die EU-Kommission versucht hier dagegenzuhalten. Doch dies reicht nicht. "Wir beobachten seit Jahren ein Ping-Pong-Spiel zwischen dem Silicon Valley und Brüssel. Doch nur wenn die europäische Politik mit einer konzertierten Stimme spricht, können Auswüchse vermieden werden", so Jakobs gegenüber pressetext.
[b]China die Stirn bieten[/b]
Eine weitere Herausforderung für Europa sind die politischen Ambitionen Chinas. Doch hier zeigt sich Jakobs versöhnlicher: "Gefahr ist immer auch eine Chance. Europäische Industrieländer haben in den vergangenen Jahren hervorragende Geschäfte mit China gemacht", betont Jakobs. Viele positive Bilanzen europäischer Unternehmen beruhen auf der Konjunktur und Nachfrage der Volksrepublik China.
China sei extrem zielgerichtet und stark durch seine klare Willensbildung. Die vier größten Banken der Welt befänden sich derzeit in chinesischem Staatsbesitz. Europa müsse den Austausch mit China lebendiger gestalten, dürfe aber auch nicht naiv gegenüber seiner Politik sein. China, so Jakobs, sei sehr stark auf Expansion ausgerichtet und hat keinen Respekt für schwache Geschäftspartner. Europa muss daher von einer Position der Stärke aus agieren und Chinas Achtung immer wieder neu verdienen.
[b]Absichtserklärungen reichen nicht[/b]
In den Augen des Buchautors und Wirtschaftsjournalisten Jakobs tut Europa zu wenig, um seine globale Rolle zu finden: "Mich stört, dass Europa noch keine befriedigende Antwort auf die Wirtschaftsmacht der USA und China gefunden hat. Nötig wäre eine abgestimmte, gemeinschaftliche Industriepolitik, die auf Forschung und Entwicklung setzt." Deutschland und Frankreich müssten diesen Prozess anfeuern, den Absichtserklärungen und Goodwill-Aktionen müssten nun konkrete Schritte im globalen Wettbewerb folgen.
Hans-Jürgen Jakobs wird am 7. Juni 2019 bei den Europäischen Toleranzgesprächen im Kärntner Bergdorf Fresach fresach.org zum Thema "Wem gehört Europa? Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus" sprechen. Sein Bestseller "Wem gehört die Welt: Die Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus" erschien 2016 beim Knaus Verlag. bit.ly/2KguZYS