Europäische Toleranzgespräche wichtiger denn je

Denk.Raum.Fresach präsentierte in Klagenfurt Programm des Toleranzforums 2016

Villachs Bürgermeister Günther Albel sieht große Herausforderungen
Villachs Bürgermeister Günther Albel sieht große Herausforderungen(Alle hier veröffentlichten Pressefotos stehen zum honorarfreien Abdruck zur Verfügung.)Download

Klagenfurt – Der Dialog über Toleranz und Integration ist dringender denn je. Darüber war man sich in einer Programmvorschau zu den "Europäischen Toleranzgesprächen 2016" einig, die Dienstag abend im Spiegelsaal der Landesregierung in Klagenfurt stattfand. Mehr als 50 Top-Wissenschaftler/innen, Denker und Philosophen diskutieren vor dem Pfingstwochenende vom 11. bis 14. Mai im Kärntner Bergdorf Fresach über "Die Grenzen Europas - Menschenrechte und die Folgen des Klimawandels". Zur Abdeckung der Kosten braucht es noch Partner, erklärten die Organisatoren. http://www.fresach.org

"Wenn Menschen auf der Flucht vor Verfolgung, Krieg und Hunger vor unserer Haustür sterben, können wir nicht wegschauen. Aber ebenso dürfen wir vor den ungeheuren Herausforderungen der zunehmenden Migration nicht die Augen verschließen", betonte der Präsident des Kuratoriums der Europäischen Toleranzgespräche, Hannes Swoboda, in Klagenfurt. "Auch in Zeiten der Globalisierung braucht es daher Grenzen, allerdings durchlässige und nicht unüberwindliche Bollwerke. Die Willkommenskultur für bedrohte Flüchtlinge steht nicht im Widerspruch zum aktiven Grenzschutz. Dieser Schutz muss mit einer globalen Friedens-, Entwicklungs- und Klimapolitik einhergehen."

Deeskalation der Sprache notwendig

PEN-Präsident Helmuth A. Niederle forderte einmal mehr eine Deeskalation des Sprachgebrauchs. Die Begriffe "Flüchtlingsflut" oder "Flüchtlingswelle" müssten durch Begriffe ersetzt werden, die auf die eigentliche Problematik hinweisen. Es gehe schließlich um "Schutzsuchende" bzw. Menschen, die vor äußerster Bedrohung, Krieg und Todesgefahr fliehen. So werde die Gefährdung der Betroffenen nicht klein geredet, und die in den Worten steckende Bedrohung entfernt.

Superintendent Manfred Sauer von der Evangelischen Kirche Kärnten-Osttirol erwartet sich von den Europäischen Toleranzgesprächen 2016 neue, ermutigende Lösungsansätze für die Flüchtlingsfrage und die sichtbaren Umweltveränderungen sowie Vorschläge für den Abbau von Ängsten und Vorurteilen.

Die Friedensforscherin Bettina Gruber von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt fordert eine Abkehr von der rein ökonomisch durchdrungenen Denk- und Handlungslogik. Man müsse heute die Bemühungen intensivieren, ein Zusammenleben jenseits der Wachstumsgesellschaft zu verwirklichen.

Auch der Bürgermeister der Stadt Villach, Günther Albel, beurteilt den Umgang mit Grenzen, mit dem sogenannten Fremden, mit Andersartigkeit und die Folgen des Klimawandels als "ganz große Herausforderungen unserer Zeit". Mehr noch: "Das nächste Jahrzehnt sehe ich ganz konkret als das Jahrzehnt der Toleranz", so Albel, der sich - als Partner der Europäischen Toleranzgespräche - auch persönlich für die aktive Bewerbung der Veranstaltung einesetzen will.

Der Kärntner Landtagspräsident Reinhart Rohr verwies in seinem Statement darauf, dass der Dialog über die Grenzen Europas auch ein Dialog über die "Kunst des Möglichen" sein muss. Kärnten habe sich seinen Verpflichtungen nie entzogen und werde auch in Zukunft aktiv dazu beitragen, dass die unterschiedlichsten Positionen und Meinungen gehört werden. "Ängste und Sorgen enstehen immer durch fehlende Information und mangelnde Aufklärung. Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar", so der Präsident des Kärntner Landtags.

Weitere Partner zur Unterstützung gewünscht

Die Europäischen Toleranzgespräche 2016 werden von zahlreichen Förderern, Organisationen und Institutionen unterstützt, allen voran dem Schriftstellerverband PEN-Club Austria, Stadt Villach, Land Kärnten, IV, WKK und Kulturabteilung des Außenministeriums sowie vom Business Frauen Center Kärnten und dem Club Carinthia. "Wir verhehlen jedoch nicht, dass es für das viertägige Programm noch nicht ausreicht", sagte der Obmann des Europäischen Toleranzzentrums in Fresach, Superintendent Manfred Sauer. "Daher haben wir auch eine Crowdfunding- Kampagne gestartet." http://www.respekt.net/projekte-unterstuetzen/details/projekt/1177

Eröffnung mit Prof. Klaus Töpfer

Die Eröffnung der Toleranzgespräche 2016 erfolgt am Mittwoch, 11. Mai, in Villach, in Anwesenheit des Bundespräsidenten und zahlreicher Spitzenpolitiker. Das Eröffnungsreferat am 12. Mai in Fresach hält der frühere Umweltminister und langjährige Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), Prof. Klaus Töpfer. Er wird insbesondere auf den globalen Klimawandel und seine Folgen eingehen.

Danach diskutieren der Physiker Niyazi Serdar Sariciftci von der Universität Linz, der Wirtschaftswissenschafter Henning Vöpel vom Hamburger Weltwirtschaftsinstitut u.a. über die Globalisierung, Klimawandel und Szenarien für eine bessere Zukunft ohne (neue) Grenzen.

Donnerstag Nachmittag stehen die Kosten des Klimawandels auf dem Programm, mit der Umwelthistorikerin Verena Winiwarter von der Universität Klagenfurt, Umweltlandesrat Rolf Holub, der bekannten Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, dem Volkswirtschafter Karl Steininger und dem Umweltrisiko-Ökonomen Franz Prettenthaler. Danach folgt eine Diskussion über mögliche Strategien gegen die Völkerwanderung, mit dem Rechtsphilosophen Reinhard Merkel, dem Afrika-Experten Harald Stoisser und dem Kulturphilosophen Pravo Mazumdar. Weitere Highlights sind ein Climate Reality Referat von US-Senator Marc R. Pacheco und ein "Schmerz-Workshop" mit dem bekannten Wiener Neurologen und Schriftsteller Harald Kollegger.

Zwischenruf von Anneliese Rohrer

Den zweiten Diskussionstag am Freitag, 13. Mai, eröffnet Presse-Kolumnistin Anneliese Rohrer mit einem provokanten Zwischenruf zum Thema "Alte Grenzen, neue Gräben: Warum wir den Klimawandel brauchen". Danach diskutiert eine Strategie-Runde über "Europa im Dilemma, Klimaflüchtlinge und die Grenzen des Zumutbaren". Im Toleranzforum am Nachmittag stehen "Praktische Tipps für ein besseres Zusammenleben" mit dem Integrationsprofi Bernhard Perchinig und der Sozialanthropologin Christa Markom auf dem Programm. Die Migrationsexpertin Gudrun Biffl spricht über die Chancen und Risiken der Integration auf dem Arbeitsmarkt. Den Abschluss bilden eine Diskussion über die Voraussetzungen für gelungene Integration mit ORF-Korrespondent Karim Al-Gawhary und zuletzt die besten Beiträge des Kärntner Jugendredewettbewerbs live.

Internationale Autoren zur Bestandsaufnahme

PEN-Präsident Helmuth A. Niederle präsentierte in Klagenfurt eine Reihe von internationalen Top-Schriftstellern, die nach Fresach kommen werden, so u.a. Nahid Bagheri-Goldschmied (Iran), Hassan Baroud (Ägypten), Seher Cakir (Türkei), Lev Detela (Slowakei), Ishraga Mustafa Hamid (Sudan), Aftab Hussain, Sarita Jenamani (Indien), Chibo Onyeji (Nigeria) und Serafettin Yildiz (Österreich). "Für uns ist Fresach eine Möglichkeit zur Bestandsaufnahme. Diese Autor/innen werden uns zeigen, wo wir heute in Europa stehen. Und wohin wir gehen können."

Das anspruchsvolle Programm der Europäischen Toleranzgespräche 2016 wird wieder mit Ethno-Jazz und Kabarett umrahmt. Höhepunkte sind ein Festival der Toleranz, mit einem Konzert von Karen Asatrian (Echoes from Armenia) und Kabarett-Auftritten von Franz Ferdinand Kratzl (Rede an die Nation) und Thomas Maurer (Der Tolerator). Den Abschluss bildet der Young Poetry Slam am Samstag 14. Mai zum Thema "Ausgrenzen, eingrenzen, umgrenzen. 5 Minuten bis zur Grenze. 5 Minuten grenzenlos frei." Zur Realisierung des Gesamtprogramms ist der "Denk.Raum.Fresach - Verein für Toleranz und Integration" auf Zuwendungen, Firmenpartnerschaften und weitere Mitgliedschaften angewiesen. Informationen: http://www.fresach.org

Pressekontakt: 
Dr. Wilfried Seywald
E-Mail: presse@fresach.org
Tel. 0699-18114006

Weitere Fotos zur Veranstaltung auf: https://fotodienst.pressetext.com/album/3516

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