Fresach: Erna Pfeiffer Toleranzpreisträgerin 2020

PEN-Club und Stadt Villach würdigen "Überwindung von Sprachbarrieren"

Die Spanisch-Übersetzerin Erna Pfeiffer bei der Toleranzpreisverleihung in Fresach
Die Spanisch-Übersetzerin Erna Pfeiffer bei der Toleranzpreisverleihung in Fresach(Alle hier veröffentlichten Pressefotos stehen zum honorarfreien Abdruck zur Verfügung.)Download

Fresach – De Lateinamerika-Spezialistin Erna Pfeiffer (67) wurde am Donnerstagabend in Fresach mit dem Europäischen Toleranzpreis 2020 für Demokratie und Menschenrechte des Österreichischen PEN-Club und der Stadt Villach ausgezeichnet. In ihren Texten und Übersetzungen schafft es die Autorin, scheinbar unüberwindbare Sprachbarrieren zu durchbrechen, damit ein Dialog entstehen kann, so die Begründung der Jury. http://www.fresach.org

Erna Pfeiffer (*1953) ist eine ausgewiesene Spezialistin lateinamerikanischer Literatur und hat sich als Übersetzerin und Herausgeberin lateinamerikanischer Autor*innen einen Namen gemacht, der weit über akademische Kreise hinausreicht. Sie studierte in Graz Spanisch und Russisch und habilitierte sich 1996 mit der Schrift "Territorium Frau: Körpererfahrung als Erkenntnisprozeß in Texten zeitgenössischer lateinamerikanischer Autorinnen".

In zahlreichen Publikationen wies sie nicht nur auf den weiblichen Körper als Projektionsfläche von männlichen Phantasien hin, sondern auch auf die "grundlegende Fremdheit der Frau", die sich im Regelfall dadurch äußert, dass sie in patriachalen Gesellschaften stets dem Mann durch alle Winkel der Erde zu folgen hat und dabei Sprache, Zuhause und wenn erforderlich auch Gott zu wechseln hat. In patrilokalen Gesellschaften läuft die Frau zudem aufgrund der ihr zugewiesenen Geschlechterrolle latent Gefahr, heimatlos zu werden und dieser Zustand kann noch verschärft werden, wenn tatsächlich Ortswechsel vorgenommen werden müssen.

Solche erzwungene Ortswechsel traf auch viele Juden, die aus Europa flohen und in Lateinamerika Zuflucht suchten. Viele suchten in Argentinien eine neue Heimat, das sich seinerseits durch starken Antisemitismus auszeichnet. Kaum waren die Emigranten aus Europa sesshaft geworden, kam das Militärregime an die Macht.

Erna Pfeiffer hat Autorinnen und Autoren übersetzt und befragt, wie Gewalterfahrungen, Heimatlosigkeit und im Land der Zuflucht der Zustand des wenn schon nicht rabiaten Unerwünschtseins, dann aber des Nicht-gern-gesehen-werdens erlebt werden und wie sich diese Erlebnisse in der literarischen Arbeit niedergeschlagen haben. Viele der von ihr übersetzten Bücher folgen nur sehr bedingt den europäischen Erzähltraditionen.

Für den geschulten Leser wird das Sprunghafte, das Kaleidoskopartige, die scheinbar fehlende Logik, das Durchbrechen der Chronologie, die zweifelhafte Gattungszugehörigkeit des literarischen Produkts und vieles andere mehr zur intellektuellen und ästhetischen Herausforderung. "Sich diesen Herausforderungen zu stellen, um wenigstens die Sprachbarriere zu durchbrechen, damit ein Dialog entstehen kann, verdient allerhöchstes Lob", begründet der PEN-Club die Verleihung des Europäischen Toleranzpreises an Erna Pfeiffer.

"Was Erna Pfeiffer leistet, ist mehr als eine Übersetzung - ein Hinweis, dass es auf dieser Welt geistige Kontinente gibt, die es zu entdecken gilt. Darüber hinaus ist ihre Arbeit eine Messlatte für Literatur, die in schwierigen Umständen entsteht. Wir haben in Europa und dadurch auch in Österreich noch immer zahlreiche literarische Stimmen, die ungehört verklingen. Häufig ist die Sprachbarriere unüberwindbar und dann fehlt das Wissen, um das Dargestellte in der Literatur zu verstehen. Erna Pfeiffer liefert beides, die Übersetzungen und Nachdichtungen sowie die Informationen, die für das Verstehen notwendig sind. Dies sind die Gründe, ihr den Toleranzpreis 2020 zu verleihen", so der PEN-Club in seiner Begründung der Wahl.

Weitere Fotos auf vom PEN-Forum in Fresach: https://fotodienst.pressetext.com/album/3744
Videobeitrag auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=GaOUmG3eFQU

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