Toleranzgespräche 2024: "Wahrheit – Was ist wirklich?

Eröffnung mit Armin Thurnher – Europa vor der Wahl – mit KI und ChatGPT

– Über die "Wahrheit und was wirklich ist?" diskutieren drei Dutzend Philosophen, WissenschafterInnen, AutorInnen und Ökonomen bei den 10. Europäischen Toleranzgesprächen, die heuer vom 15. bis 18. Mai in Villach und Fresach stattfinden. Aktualität gewinnt das Thema vor allem angesichts der bevorstehenden Europawahl im Juni und der vielfältigen Versuche demokratiefeindlicher Kräfte, diese zu beeinflussen. http://www.fresach.org

Das Programm wurde am Donnerstag in Villach vorgestellt, und es überrascht wieder mit einigen bekannten Vortragenden und Teilnehmern. So konnte die bekannte tschechische Autorin Radka Denemarková aus Prag ebenso gewonnen werden wie der streitbare Falter-Herausgeber Armin Thurnher aus Wien und der vom Duttweiler-Institut zu den 100 einflussreichen Denkern zählende Psychologe und Risikoforscher Gerd Gigerenzer aus Berlin. Tickets können schon jetzt geordert werden, die Eintrittspreise bleiben unverändert.

Fortschreitende Verunsicherung

"Die Wahrheit" zu thematisieren ist nicht gerade einfach, allerdings brandaktuell, sagte der Obmann des Veranstalters Denk.Raum.Fresach (DRF), Superintendent Manfred Sauer bei der Programmvorstellung. "Im Alten Testament wurde Wahrheit mit Treue und Verlässlichkeit gleichgesetzt", doch genau diese Sicherheiten gehen mit der Digitalisierung der Gesellschaft, und mit Algorithmen, Künstlicher Intelligenz und ChatGPT langsam verloren. Wir müssen danach trachten, neue Sicherheiten zu gewinnen, indem wir hinter die Kulissen der Digitalisierungsmaschinen blicken."

Falsche Freunde, große Parolen

Der Präsident des Kärntner Landtags und Verantwortliche für Demokratiebildung, Reinhart Rohr, verwies auf die Bedeutung ausgewogener und wahrheitsgemäßer Informationspolitik gerade im Vorfeld von Wahlen. Jeder einzelne Bürger sei aufgerufen, die Quellen seiner Informationsbeschaffung zu prüfen, bevor er ein Urteil fällt bzw. seine Stimme abgibt. "Natürlich spielen persönliche Emotionen und eigene Bedürfnisse immer eine Rolle, man darf sich aber nicht von falschen Freunden und radikalen Parolen beziehungsweise Lösungen verführen lassen", erklärte Rohr.

Für die Stadt Villach betonte Bürgermeister Günther Albel, dass es eine zentrale Aufgabe im öffentlichen Diskurs sei, nach Wahrheit zu streben. Dass gerade die Politik manchmal den Eindruck vermittle, sich bei der Suche nach Wahrheit schwer zu tun, habe mit den vielfältigen Einflussnahmen von allen Seiten zu tun. Am Ende sei Wahrheit aber alternativlos, denn sie beflügelt und befreit Menschen: "Das Verschleiern und Unterbinden von Wahrheit führt geradewegs in die Diktatur und Dunkelheit. Wir können das aktuell täglich in den Nachrichten aus Russland verfolgen", sagte Albel.

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing

Im täglichen Geschäftsleben ist es nicht viel anders, auch da lassen sich die wahren Verhältnisse leicht verschleiern. Nicht nur bei den großen Fällen wie Panama Papers, Steueroasen, Diesel-Skandal, Wirecard, Commerzialbank oder Signa-Pleite: Wenn es um den eigenen Vorteil, das Erreichen von Geschäftszielen oder schlicht um die Honorierung von Leistungen geht, verzerrt sich das Bild der Wahrheit rasch. Manchmal wird etwas "vergessen" oder verschwiegen, vielleicht falsch dargestellt und gelegentlich auch ganz einfach die Unwahrheit gesagt.

Vom Wert der Wahrheit

Umgekehrt weiß jedes Kind, dass man durch das Aussprechen von (unangenehmen) Wahrheiten in Schwierigkeiten geraten kann. Da stellt sich rasch die Frage: Lohnt sich die Wahrheit überhaupt? Und was kostet die Wahrheit? Auch darüber werden die ExpertInnen mit den BesucherInnen bei den Toleranzgesprächen diskutieren, die Bandbreite der möglichen Wahrheiten ist groß, und sie wird durch die digitale Transformation, durch Algorithmen, Künstliche Intelligenz und Datenmanipulation immer größer, damit auch der mögliche Schaden, der dadurch angerichtet wird.

Wahrheit als Konstrukt

Wahrheit muss aber nicht zwangsläufig mit der Wirklichkeit übereinstimmen, sie kann auch das Ergebnis eines Erfindens der Wirklichkeit sein. Die Organisation des Denk.Raum.Fresach hat hierzu eine Reihe spannender Denker gewinnen können, für das Europaforum am 16. Mai die Autorin Julya Rabinowich, den US-Journalisten mit Kärntner Wurzeln, Matthew Karnitschnig, die Tiroler Theologin und Philosophin Claudia Paganini, den Sozialforscher Günther Ogris und den Verleger Horst Pirker. Beim Wirtschaftsform am 17. Mai sprechen u.a. der Informatiker und Philosoph Peter Reichl, der Wirtschaftstreuhänder Alfred Brogyányi, der Berliner Staatssekretär Wolf Heinrich Reuter und die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle.

Aufbruch zu Pfingsten

Die 10. Europäischen Toleranzgespräche finden in der Pfingstwoche statt und beginnen mit dem Ethikforum in Villach (15. Mai). Weitere Highlights sind das Europaforum und die Verleihung des Europäischen Toleranzpreises in Fresach (16. Mai) sowie das Wirtschaftsforum und der Poetry Slam (17. Mai). Den Abschluss macht ein Toleranzfrühstück am Samstag den 18. Mai. Zum Thema WAHRHEIT gibt es auch eine Sonderausstellung im Evangelischen Museum. Die #ETG24 werden von Stadt Villach, Land Kärnten, Evangelischer Kirche, Kunstministerium und von vielen weiteren Organisationen unterstützt. Spendenkonto: Kärntner Sparkasse: IBAN AT81 2070 6046 0027 0492.

Fotos zum Pressegespräch stehen hier als Download kostenfrei zur Verfügung.

Weitere Informationen:
Denk.Raum.Fresach
http://www.fresach.org