Ukraine: Raiffeisen hofft auf Pragmatismus

RBI-Vorstandschef Sevelda: Sanktionen treffen auch EU-Bevölkerung

RBI-Vorstandsvorsitzender Karl Sevelda ist gegen Sanktionen. Sie verfehlten ihren eigentlichen Zweck.
RBI-Vorstandsvorsitzender Karl Sevelda ist gegen Sanktionen. Sie verfehlten ihren eigentlichen Zweck.(Alle hier veröffentlichten Pressefotos stehen zum honorarfreien Abdruck zur Verfügung.)Download

Wien – Die Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen Russland sind für die österreichischen Banken bisher noch gering. Sie könnten sich aber mittel- und langfristig sehr negativ auf die Refinanzierung für russische und in Russland tätige Banken auswirken, wenn der Ukraine-Konflikt weiter eskaliert. Das sagte der Vorstandschef der Raiffeisen Bank International (RBI) http://rbinternational.com , Karl Sevelda, am Donnerstagabend vor der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft http://orfg.net in Wien. Der Bankmanager sprach sich klar gegen die Sanktionen aus. Sie seien kein gangbarer Weg, da sie die Bevölkerung in der EU ebenso treffen wie jene in Russland.

Korruption als Hauptproblem

Sevelda spielte die Auswirkungen der bisherigen Sanktionspolitik herunter, warnte aber zugleich vor einer weiteren Eskalation. Dass es überhaupt soweit kommen konnte, erklärte der Osteuropa-Verantwortliche von Raiffeisen mit der schweren Korruption und dem wirtschaftlichen Rückstand der Ukraine. Seit 1992 habe sich so etwa das durchschnittliche Bruttonationalprodukt (BNP) pro Kopf in Polen auf über 21.000 Dollar verdreifacht und jenes von Russland zweieinhalbmal auf 17.800 Dollar vergrößert, während das Prokopf-BNP in der Ukraine im gleichen Zeitraum lediglich von 5.100 auf 7.400 Dollar gestiegen sei.

"Wir sind in 15 Ländern tätig. Nirgendwo ist es so korrupt wie in der Ukraine, jedes Gerichtsurteil ist käuflich", so Sevelda. Der Konflikt war laut dem Bankmanager logisch, vorhersehbar und unvermeidbar. Schon die Orange Revolution 2004 war Ausdruck der großen Unzufriedenheit mit dem herrschenden Regime. Die Maidan-Bewegung war ein Aufstand der Zivilgesellschaft, aber auch von Leuten, die andere Interessen hatten. "So wirklich demokratisch legitimiert" könne man das jetzige Regime ja nicht nennen.

Vom neuen Staatspräsidenten Petro Proschenko hält Sevelda jedenfalls große Stücke. Er sei ein "Mann des Konsens", und er habe eine gute Gesprächsbasis mit dem russischen Präsidenten Putin. Doch es gäbe auch kritische Stimmen wie Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk. Im Vorfeld der Wahlen würden die innenpolitischen Konflikte wohl noch deutlicher sichtbar werden. Er hoffe aber auf den notwendigen Pragmatismus, dass sich die Dinge in eine positive Richtung drehen, und nicht zu einem neuen Machtkampf innerhalb der Ukraine. Einen gangbaren Weg für die Zukunft sieht Sevelda in der Neutralität des Landes.

Russland als attraktiver Bankenmarkt

Keinen Zweifel ließ Sevelda daran, dass Raiffeisen in der Region weiterhin aktiv bleiben wird. "Wir wollen in Russland weiter wachsen, insbesondere im Retail-Geschäft." Der Bankenmarkt sei hier überaus attraktiv und "hoffentlich nur vorübergehend schwierig". "Man braucht als Banker starke Nerven. Die haben wir bewiesen", betonte der RBI-Chef.

Das erste Halbjahr 2014 war für Raiffeisen überaus erfolgreich, auch weil die Russische Zentralbank - durch die Erfahrungen des Krisenjahrs 1998 - professionell gegengesteuert hat. Non Performing Loans hätten sich etwa seit Jahresbeginn nur gering erhöht: von 4,2 auf 4,7 Prozent. Der Geldabfluss von 40 Mrd. im ersten und weiteren zwölf Mrd. im zweiten Quartal 2014 "tut einer Volkswirtschaft sicherlich nicht gut", Russland sitze aber auf enormen Devisenreserven von über 500 Mrd. Dollar.

Die Größe der Banken wird in Russland künftig eine Rolle spielen, glaubt Sevelda. Die aktuelle Krise begünstige große Institute, kleine Banken und Privatbanken werden teilweise Schwierigkeiten bekommen. Den russischen Kapitalmarkt sieht Sevelda aktuell gut ausgestattet. Kurzfristig seien keine Probleme zu erwarten, auch bei den vorausschauenden Finanzierungen nicht. "Mittelfristig und längerfristig kann es aber sehr wohl zu Engpässen kommen", warnte Sevelda. Bis dahin hoffe er allerdings, dass der Ukraine-Konflikt gelöst ist.

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