Freiheit und Demokratie vielerorts unter Beschuss

Presse-Kolumnistin Rohrer mahnt zu mehr Wachsamkeit beim "Bürgerdialog" in Fresach

Anneliese Rohrer sieht Freiheit und Demokratie in Gefahr
Anneliese Rohrer sieht Freiheit und Demokratie in Gefahr(Alle hier veröffentlichten Pressefotos stehen zum honorarfreien Abdruck zur Verfügung.)Download

Fresach – "Nutzen wir unsere Freiheit und schützen wir damit unsere Demokratie, denn sie ist vielerorten gefährdeter als wir denken", appellierte die Presse-Kolumnistin Anneliese Rohrer in ihrer Festansprache zu den Europäischen Toleranzgesprächen 2017 am Donnerstag im Kärntner Bergdorf Fresach http://fresach.org . Die streitbare Kolumnistin zitierte dabei John Adams, einen der Gründerväter der Vereinigten Staaten. Dieser meinte schon 1780, es habe noch nie eine Demokratie gegeben, die nicht Selbstmord begangen hätte. "Heute liegt es an uns: Wollen wir den Selbstmord verhindern oder leisten wir Beihilfe?", so Rohrer mahnend zum Auftakt des Bürgerdialogs über die Freiheit.

In ihrem Plädoyer für mehr Mut und Engagement der Zivilgesellschaft forderte sie die anwesenden Teilnehmer auf, sich aktiv in die Politik einzumischen, vorauseilenden Gehorsam zu vermeiden und sich über komplexe Sachverhalte ausreichend zu informieren. Komplexität schaffe Verwirrung, und das verstärke den Wunsch nach mehr Stabilität, Sicherheit und Autorität. "Dabei hat jeder von uns die Freiheit, sich über die oft kritisierte Komplexität der EU zu informieren. Nur durch Information können wir die Freiheit absichern und werden gegen Fake News immun", erläuterte die Journalistin in ihrer Keynote.

Fake News und Selbstoptimierung

Alternative Fakten und Fake News werden zunehmend als ernste Bedrohung für Grund- und Freiheitsrechte verstanden. Deshalb widmete sich auch Hannes Swoboda, Präsident des Denk.Raum.Fresach, in seinem Eröffnungsstatement diesem Thema. Der langjährige EU-Parlamentarier bezweifelte dabei, ob soziale Medien wirklich so sozial seien oder nicht doch auch den Sinn für die Realität oftmals trüben können.

Die Vernetzung unserer digitalen Kontakte dürfe nicht das Eigene in den Mittelpunkt stellen und nur die Selbstoptimierung vorantreiben, sondern müsse ein Beitrag zur Gemeinschaft sein. "Um das zu schaffen, brauchen wir Mut und dürfen nicht nur 'mitlaufen'. Denn wenn wir nur Mitläufer sind, dann ist die Freiheit verloren", erklärte Swoboda und nannte als mutige Vorbilder Papst Franziskus oder Martin Luther.

Denkraum der Freiheit, Lebensraum der Gnade

Anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Reformation wird dem Kirchenreformer Martin Luther bei der dritten Auflage der Toleranzgespräche eine besondere Bedeutung eingeräumt, wie Michael Bünker, Bischof der Evangelischen Kirche A.B., sagte. Ebenso werden religiöse Freiheit und Unfreiheit eingehend thematisiert. "Es ist dringend notwendig, den Zwängen unwürdiger Bedingungen wie etwa Not, Hunger, Armut oder Einsamkeit entgegenzutreten. Doch gleichzeitig müssen wir auch den menschlichen Egoismus und die Machtgier zurückdrängen", sagte Alois Schwarz, Bischof der Diözese Gurk-Klagenfurt. Dadurch entstehe nicht nur ein Denkraum der Freiheit, sondern ein Lebensraum der Gnade.

Sicherheit durch Vertrauensbildung

Während Schwarz auf die Bedeutung der inneren Freiheit aufmerksam machte, forderte Christine Muttonen, Vorsitzende der parlamentarischen OSZE-Versammlung, den Umgang mit Freiheit nicht nur Regierungen und Allianzen zu überlassen, sondern Parlamente und die Zivilgesellschaft verstärkt einzubinden. "Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs haben wir uns in Europa vom Prinzip der militärischen Abschreckung verabschiedet und auf Sicherheit durch Vertrauensbildung und Kooperationen gesetzt. Diese Sicherheit steht jetzt auf dem Spiel", so Muttonen.

Die Aspekte der Freiheit sind vielfältig und ihre Zukunft vor allem in Zeiten stärker werdender autoritärer Strömungen nicht ganz so gewiss wie noch vor einigen Jahren. Deshalb seien die Toleranzgespräche nicht nur ein Forum zum Austausch, sondern eine wertvolle Gelegenheit zur gegenseitigen Ermutigung, tapfer aufzustehen und sich für die Freiheit einzusetzen, meinte Manfred Sauer, Superintendent der Evangelischen Kirche in Kärnten und Osttirol und Obmann des Veranstalters Denk.Raum.Fresach.

Die Europäischen Toleranzgespräche werden aus Mitteln der EU, des Bundes und des Landes Kärnten unterstützt. Wesentliche Förderer sind ebenso die Stadt Villach und die Evangelische Kirche Österreich. 2017 steht "Die Zukunft der Freiheit und die Folgen der Globalisierung" auf dem Programm, neben der Religionsfreiheit und der Meinungs- und Versammlungsfreiheit stehen am Unternehmerinnentag (2. Juni) in Fresach der Freihandel, Freie Märkte und unternehmerische Freiheit vs. Bürokratie auf der Agenda.

Fotos zum Eröffnungstag stehen auf Fotodienst.at unter https://fotodienst.pressetext.com/album/3617 zum Download bereit.

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