Ryanair: Low Cost im Trend

Billigfluglinie will als Reiseveranstalter durchstarten

Kenny Jacobs zur Zukunft des Reisens
Kenny Jacobs zur Zukunft des Reisens(Alle hier veröffentlichten Pressefotos stehen zum honorarfreien Abdruck zur Verfügung.)Download

Berlin – Die Zukunft des europäischen Reisens liegt in Low-Cost-Angeboten, das gilt für Flüge ebenso wie für Hotels, Autovermietung und Pauschalreisen. Daher wird die irische Billigfluglinie mit "Ryanair Holidays" noch in diesem Jahr zum Fullservice-Veranstalter auf dem umkämpften Reisemarkt. Vor allem in Deutschland gibt es riesiges Potenzial, informierte Ryanair-Chefmarketer Kenny Jacobs am Freitag auf der ITB in Berlin. Dass sich etablierte Veranstalter warm anziehen müssen, meinten 90 Prozent der Konferenzteilnehmer in einer spontanen TED-Umfrage.

Ryanair http://www.ryanair.de sieht die Tourismuszukunft äußerst positiv, mit globalen Wachstumsraten von vier bis 5 Prozent jährlich - auch im Flugverkehr - vorausgesetzt, die Preise fallen. Alle statistischen Daten zeigen nach oben, die Menschen wollen mehr reisen, aber weniger ausgeben, sagte Jacobs. Sie sparen insbesondere bei Flügen, Unterkunft und beim Essen. Europa wird davon besonders profitieren, mit mehr innereuropäischen Reisen ebenso wie verstärktem Zustrom von Amerikanern und Asiaten. Die Ära Trump sieht Jacobs durchaus positiv, hingegen machen ihm Brexit, Streiks und Terrorgefahren Sorgen.

Brexit "ugliest divorce ever"

Trump sei gut für die Reisebranche in Europa, da mehr US-Bürger (wegen günstigeren Wechselkursen) und Asiaten (weil sie Trump nicht mögen) kommen werden. Hingegen schaden Streiks wie jene in Frankreich oder zur ITB in Berlin der Industrie und auch dem Standort massiv. Diese seien völlig unverständlich und unnötig - egal, worum es geht. Den erwarteten Brexit nannte Jacobs die "hässlichste Scheidung, die wir jemals gesehen haben" - vor allem auch, weil der europäische Luftraum "OPEN SKY" ein sehr kritischer Punkt in den Austrittsverhandlungen werde.

Städtereisen boomen überproportional

Interessante Prognosen gab Jacobs zum saisonalen und regionalen Reiseverhalten in Europa ab. Spanien und Portugal wachsen auf Kosten Frankreichs, Griechenland und Süditalien legen zu, während die Türkei abschmiert und Israel sich zur attraktiven Winterdestination mausert. Das zunehmende Wachstum kommt vor allem Städten zugute (plus 15 Prozent), während Land und Berge um einbüßen (minus acht Prozent). Auch Vor- und Nachsaison profitieren, der Sommer wird länger dauern, so der Ryanair-Manager, und sprach von sechs bis acht Monaten.

Tipps für Berlin und Barcelona

Gute Tipps hatte Jacobs für einzelne Städte parat. Barcelona kritisierte er wegen der Entscheidung des Bürgermeisters, aufgrund der Touristenschwemme keine weiteren Hotels mehr bauen zu lassen. Das sei die falsche Entscheidung. Der große Andrang sollte besser genützt werden, um das touristische Angebot der gesamten Region Katalonien auszubauen. Berlin empfiehlt Ryanair, den Flughafen Tegel offen zu lassen. Die Stadt sei nach London (sechs Flughäfen) und Paris (vier Flughäfen) die meistfrequentierte Stadt Europas, und hier wolle man trotz zunehmendem Flugverkehr auf einen Airport (Schönefeld) reduzieren. Das sei "Wahnsinn".

Konsolidierung in der Luftfahrt

Jacobs gab sich überzeugt, dass der europäischen Luftfahrt trotz guter Entwicklung eine dramatische Konsolidierung bevorsteht. Lowcost-Carrier werden weiter mit zehn Prozent jährlich wachsen, unter anderem durch Kooperationen mit etablierten Airlines wie der Lufthansa. Der Marktanteil der Billigflieger habe die 50-Prozent-Marke bereits überschritten, er rechne mit 75 Prozent in naher Zukunft. Die Big-5-Airlines in Europa befördern heute 55 Prozent der Luftpassagiere, in wenigen Jahren werden es auch hier 75 Prozent sein, sagte der Ryanair-Marketer - und er wurde noch deutlicher.

20 Prozent Marktanteil in Deutschland angestrebt

Ryanair wird in allen Bereichen expandieren, betonte Jacobs. "Wir werden die Ticketpreise weiter reduzieren und gleichzeitig den Service verbessern und noch mehr reiseverwandte Produkte und Services verkaufen. Wir haben unseren Marktanteil in den vergangenen zwei Jahren verdoppelt, und wir wollen das in den nächsten zwei Jahren wieder schaffen." Allein für Deutschland peilt Ryanair einen Marktanteil von 20 Prozent an. Das ist durchaus realistisch, da die Deutschen heute mit nur 15 Prozent Anteil an Low-Cost-Flügen das größte Potenzial für Ryanair darstellen.

Europas Marktleader unter Billigfliegern

Ryanair ist - bei aller Kritik am fehlenden Service - derzeit beliebtester Billigflieger Europas, mit 85 Abflughäfen, 33 Märkten und 120 Mio. Passagieren jährlich. Die Fluglinie ist Marktführer in Irland, Spanien, Italien, Belgien, CEE und Polen und Nummer zwei in UK, Griechenland und Portugal. In Deutschland reiht sich Ryanair hinter Lufthansa und Air Berlin an dritter Stelle. Gründe für den Einstig als Reiseveranstalter sind die immensen Wachstumschancen im Billigsegment. Dabei will sich Ryanair vor allem auf Holiday Packages für Städte- und Mittelmeer-Destinationen konzentrieren.

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