Tourismusausbildung unterschätzt Digitalisierung

Travel Industry Club Studie offenbart große Defizite

Im Lichte der Digitalisierung fordert Travel Industry Club Austria Präsident Harald Hafner Maßnahmen zur Erneuerung der Tourismusausbildung.
Im Lichte der Digitalisierung fordert Travel Industry Club Austria Präsident Harald Hafner Maßnahmen zur Erneuerung der Tourismusausbildung. (Alle hier veröffentlichten Pressefotos stehen zum honorarfreien Abdruck zur Verfügung.)Download

Wien – Verstärkte Anstrengungen, um die Aus- und Weiterbildung im Tourismus in Österreich "zukunftsfit" zu machen, fordert der Travel Industry Club Austria, Think Tank der heimischen Reiseindustrie, auf Grundlage einer aktuellen Untersuchung. Die Auswertung von rund 250 Online-Fragebögen heimischer Touristiker, Lehrender und Personen in Ausbildung in Zusammenarbeit mit der Kondeor Marktforschung ergab, dass neue Herausforderungen wie Digitalisierung und Social Skills nur bedingt erfüllt werden und die Zufriedenheit mit dem aktuellen Angebot bedenklich sei, so TIC-Präsident Harald Hafner bei der Vorstellung am Dienstag abend in Wien. http://www.travelindustryclub.at

Die Digitalisierung wird von einer Mehrzahl der Befragten nach dem Motto: "Da werden wir schon hineinwachsen", unterschätzt. Gründe dafür sind mangelndes Wissen über und eine weiterhin distanzierte Haltung zu diesem Thema. Auf Aussagen zur Digitalisierung, die eigentlich nur eine eindeutige Zustimmung oder Ablehnung erwarten ließ, antwortete die Mehrzahl mit Unentschlossenheit ("weiß nicht"). Ein ähnliches Bild bietet sich, wenn man nach den Einsatzbereichen fragt. Während der "digitale Unternehmensauftritt" Priorität genießt, haben die Befragten die zunehmende Automatisierung nicht am Radar. Studierende sind am wenigsten überzeugt, dass die Digitalisierung eine Chance darstellt, und dabei sind gerade sie es, die neue Chancen ergreifen sollten.

Anforderungen verändern sich

Die Anforderungen an Mitarbeiter/innen im Tourismus von morgen werden sich zwar nicht schlagartig, aber doch rasant verändern, zeigt das Ergebnis laut Hafner. Zentraler Treiber dieser exponentiell verlaufenden Entwicklung ist die Digitalisierung. Die kognitiven Fähigkeiten, sich mit dem digitalen Change einzulassen, sind dabei von Bedeutung. Die Befragten reihen diese Anforderungskategorie aber auf den letzten Platz und widmen dem Thema damit eine geringe Bedeutung zu.

Diese Erkenntnis setzt sich auch bei der Frage durch, wie Tourismus-Ausbildungskurse zusammengestellt werden sollten. Im Zeitalter der Digitalisierung sind (1) kritisches Denken (2) Soziologie & Psychologie und (3) Touristenverhalten wichtig, um Erklärungsmodelle zu entwickeln. Der (4) Umgang mit Daten und die dafür notwendigen Kenntnisse der (5) Statistik & Mathematik werden benötigt, um Daten zu erheben, zu verarbeiten, zu analysieren und zu interpretieren. Die dargelegten Kurse werden von den Befragten, insbesondere von Studierenden, als nicht unbedingt notwendig klassifiziert.

Zufriedenheit mit Ausbildungsangebot endenwollend

Auch wenn die Bedeutung der datengetriebenen Tourismusausbildung unterschätzt wird, sind die Befragten mit dem derzeitigen Aus- und Weiterbildungsangebot unzufrieden. Auf einer Skala von 1 = sehr zufrieden bis 5 = sehr unzufrieden war die Note 2,6 die durchschnittliche Ausbeute: eine Situation, die jedes Unternehmen dazu veranlassen würde, umgehend Maßnahmen einzuleiten, um den Status Quo zu verbessern. Tourismuspraktiker sind dabei jene, die mit dem derzeitigen Angebot am meisten hadern. Ihr Zugang aus der Berufserfahrung spricht für ein duales Aus- und Weiterbildungsangebot, das es ermöglicht, sich fachlich und akademisch weiter zu qualifizieren.

Lernende und Personen in der Ausbildung wünschen sich einen kundenorientierten Zugang zur Aus- und Weiterbildung, was auf Grund der fehlenden Berufserfahrung nachvollziehbar und aus Konsumentenperspektive zeitgemäß ist. Lehrende praktizieren einen methodischen Zugang zum Thema, der weder den Praktikern, noch den Lernenden zusagt. Mehr individuelles Eingehen auf die bisherige Erfahrung, Ausnutzung von zeitgemäßen didaktischen Methoden und Integration des E-Learnings sind Lösungsansätze, die sich in der Praxis bewährt haben. Lernen müsse den Lernenden Freude bereiten, sagt TIC-Präsident Hafner.

Soziale Kompetenz oberste Priorität

In einer Frage sind sich alle befragten Gruppen einig. Bei den Anforderungen an Mitarbeiter werden die sozialen Fähigkeiten neben der fachlichen Kompetenz als sehr bedeutend eingestuft. Diese Festlegung setzt sich in der Kursgestaltung fort. Die funf beliebtesten Kurse - alle unbedingt notwendig - sind Umgang mit Mitarbeitern (1) und Menschen (2) gefolgt von Marketing (3), Touristenverhalten (4) und dem Management von Kundenerlebnissen (5).

Nicht anerkannt wurde von den Befragten hingegen der Umstand, dass Soziologie und Psychologie sowie Statistik, Umgang mit Daten und IT-Systeme unabdingbare Grundlagen zum Verständnis der Materie sind. Diese Kurse wurden teilweise sogar als "unnötig" klassifiziert, so die Ergebnisse der Untersuchung.

"Soziale Kompetenzen und Fähigkeiten sind tatsächlich jene Anforderungen, die uns im Zeitalter der Digitalisierung am nachhaltigsten von Maschinen bzw. Robotern unterscheidet", erläutert TIC-Präsident Harald Hafner. Irgendwann werde der Tag zwar kommen, an dem Maschinen auch "empfinden" können, allerdings liegt das außerhalb der Perspektive 2025.

Über die Studie
Die Online-Untersuchung "Ist die Tourismusausbildung zukunftsfit?" wurde im März und April 2018 vom Travel Industry Club Austria in Zusammenarbeit mit der Kondeor Marktforschung durchgeführt. Rund 250 Touristiker, darunter Praktiker, Lehrende und Schüler/Studierende haben daran teilgenommen, der überwiegende Teil kam aus den Bereichen Beherbergung (53%) und Gastronomie (29%) und Beratung (17%), der Rest verteilt sich auf Reisebüros, Transport- und Freizeitbetriebe sowie Forschung. Die Studie kann beim Travel Industry Club Austria kostenfrei bestellt werden. http://www.travelindustryclub.at

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